Seminarbericht
Mitte Mai (18.-20.05.2007) veranstaltete die Gesellschaft für Politische Bildung e.V. in Kooperation mit der Initiative südliches Afrika e.V. (INISA) in der Akademie Frankenwarte in Würzburg ein Wochenendseminar zum Thema „Südafrika - ein Land zwischen afrikanischer Renaissance und politischer Ernüchterung“. Das Seminar wurde von Nikos Nikolidakis (INISA) geleitet.
Es wurde mit dem Vortrag von Dr. Christian von Soest vom GIGA in Hamburg zum Thema „Das demokratische Südafrika: Herausforderung für eine gespaltene Gesellschaft“ begonnen. Die gespaltene Gesellschaft finde sich vor allem im Erbe der Apartheid, die das Ziel hatte, die schwarze Bevölkerung aus dem Kern des Landes zu verdrängen, und eine getrennte Entwicklung vorsah. Nach dem Ende der Apartheid 1994 hat es viele positive Entwicklungen und Errungenschaften in Südafrika gegeben – trotzdem steht Südafrika vor wichtigen Herausforderungen, beispielsweise die HIV/AIDS Problematik, die Kriminalität, und die bisher kaum umgesetzte Landreform.
Am nächsten Morgen begann Dr. Vera von Kattermann mit dem Thema „Getrübte Hoffnung auf Versöhnung? - Eine Bilanz der Truth and Reconciliation Commission (TRC)“. Während viele bisherige Analysen auf die gesellschaftliche Bearbeitung zielten, beschäftigt sich Kattermann mit einem psychoanalytischen Ansatz der Beschäftigung mit der TRC. Die Kommission sollte Konflikte fokussieren (Wahrheit), aber auch Konflikte vermeiden (Versöhnung). Die TRC sei die symbolische Form der Konfliktbearbeitung, aber auch eine schnelle und zügige gesellschaftliche Auseinandersetzung, die vor allem eine symbolische Wirkung auf die Gesellschaft habe.
Nach einem Blick in die Vergangenheit machte der Historiker Dr. Hans-Georg Schleicher mit seinem Vortrag „Südafrika im politischen Umbruch - Wohin steuert das Land?“ weiter, indem er die politische Situation seit 1994 im Allgemeinen, die Veränderungsprozesse im ANC im Speziellen und die Aussichten für die nächsten Jahre präsentierte.
Mit der folgenden Podiumsdiskussion zum Thema „Südafrikas Wirtschaft: Motor für nachhaltige Entwicklung?“, mit Prof. Dr. Arne Heise, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, und Vusi Mweli, Konsul der Wirtschaftsabteilung des Generalkonsulats der Republik Südafrika in München, wurde die rein politische Ebene erst einmal verlassen und sich auf die wirtschaftlichen Fragen konzentriert. Vusi Mweli stellte vor allem klar, dass Südafrikas Hauptziel sei, die Armut zu lindern und ein arbeitsplatzschaffendes Wachstum zu erreichen. Für Prof. Dr. Arne Heise war es besonders wichtig herauszustellen, welch wichtiger Faktor das Wirtschaftswachstum für Entwicklung ist. Aber auch eine hohe Arbeitslosigkeit und die hohe Armutsrate sowie Ungleichheit sind Probleme, die Südafrikas Entwicklung behindern.
Nach diesen beiden Vorträgen teilten sich die TeilnehmerInnen in zwei Arbeitsgruppen zu (1) Politik und Gesellschaft und (2) Wirtschaft auf und diskutierten Herausforderungen für Südafrika und eventuelle Lösungsansätze. Zu den Herausforderungen zählten u.a. Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Armut, HIV/AIDS, Kriminalität, informelle Wirtschaft, Bildungsungleichheit, Sprachenproblematik und soziale Infrastruktur. Allerdings habe Südafrika bisher, so die erste Arbeitsgruppe, auch viel erreicht, wie eine stabile demokratische Struktur, Verbesserung der sozialen Leistungen, stabiles Wirtschaftswachstum, regionale Führungsrolle und ein gesundes Selbstbewusstsein. Die zweite Arbeitsgruppe entwickelte einige Ideen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Ausgangssituation. Darunter viel u.a. die Abschaffung von Schulgebühren, eigene Weiterverarbeitung von Rohstoffen und Fokus auf erneuerbare Energien.
Am Abend wurde das Thema ‚Jugend und Kriminalität’ in dem Film Hijack Stories von Oliver Schmitz aus dem Jahr 2001 aufgegriffen und diskutiert.
Am letzten Tag startete Martin Adelmann vom Arnold Bergstraesser Institut in Freiburg mit seinem Vortrag „Wo sind die Schaufeln? - Südafrika drei Jahre vor dem WM“. Adelmann stellte vor allem sehr gut heraus, wie die deutsche Presse immer wieder negative Schlagzeilen über die WM-Vorbereitungen druckt, obwohl es in den meisten Fällen nicht angemessen sei.
Den letzten Vortrag des Seminars hielt Mirjam Hagebölling vom Aktionsbündnis gegen AIDS über „HIV/AIDS- eine Bewährungsprobe für das demokratische Südafrika“. Hagebölling stellte zum Schluss fest, dass die HIV/AIDS Problematik zur Chefsache gemacht werden müsste, das Gesundheitssystem transformiert werden müsse und die Neuzulassungen von lebensnotwendigen Medikamenten nicht aufgrund von Patenten verhindert werden dürfte.
Die Abschlussdiskussion „Afrikanische Renaissance am Kap-Trugbild oder Leitmotiv?“ am Sonntagmittag griff die Themen des Seminars wieder auf und fasste sie zusammen. Insgesamt war es ein sehr informatives, diskussionsreiches und spannendes Seminar, in dem jedeR TeilnehmerIn viele neue Anregungen und Gedanken mit nach Hause nehmen konnte.
Ein ausführliches Protokoll von Simone Claar kann hier heruntergeladen werden.
Die Bildergalerie mit Impressionen vom Seminar erreichen Sie hier.
Simone Claar / Nikos Nikolidakis
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